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Vater aller Dinge, Krieg - eine Biographie

Der 1. Weltkrieg, an welchem teilzunehmen für meinen Großvater die höchste Aufgabe war: Kaiser, Monarchie und die eigene Heimat Ungarn zu verteidigen (woran er phsychisch, physisch und existentiell zugrunde ging), ist für mich der Anfang eines 30-jährigen Krieges des 20. Jahrhunderts, dessen zweite Hälfte ich unter Bombenregen erleben durfte.

Der Ausbruch des 2. Weltkrieges im September 1939 war zugleich mein erster Schultag. Der Krieg war und ist mein Lehrmeister. Quasi als Ausgleich zu den Kriegsereignissen war meine Schule exzellent, der jüdische Kinderarzt, bis er nicht von den Nazischergen umgebracht wurde, mein hellhöriger Schutzengel, der Musikunterricht bereits in der Kindheit sehr gut; die Benediktinerpatres als Vermittler der Mythologie und großer klassischer Dichtung - gleich verwendbar, die Kriegsereignisse zu entschlüsseln - von besonderer Qualität. Durch Homer wurde einem der Gedanke nahegebracht, dass das Leben mit dem Krieg gleichzusetzen ist.

Die drei Unrechtsstaaten, die ich bis zu meiner Flucht nach Österreich 1956 erleben durfte: Ungarn unter Horthy, Ungarn unter Szálasi zugleich Ungarn unter deutscher Besetzung, dann Ungarn in der Stalin-Diktatur, haben den Blick auf die Gesellschaft geschärft und erlauben mir keinen anderen Weltblick als den satirischen über die Absurdität des Lebens der Einzelnen im Chaos der leicht verführbaren Massen, allenfalls unterbrochen durch einzelne harmonische Elemente, wie ich das selbst erlebt habe: Freundschaften, Liebschaften (in meinem Stück "Bulgakow" liebt der Dichter mitten im Wahnsinnsterror nacheinander drei Frauen heiß), Bücher der Weltliteratur waren billig zugänglich, Studium der Musik in mehreren Hauptfächern sehr qualitativ, streng und gratis. Mein urspünglicher Wunsch wäre allerdings Architektur gewesen. Hier hat der Staat einen Strich durch die Rechnung gemacht: mein Vater war in den stalinistischen Jahren politisch nicht verlässlich genug, wir galten als bourgeois.

In der ganz frühen Kindheit bin ich im Kino meinem großen Idol auf dem Gebiet der Dramatik, Charlie Chaplin, begegnet. Der Film konnte auch in Györ genauso Weltklasse sein, als säße man in New York im Kino.

Während des ungarischen Aufstandes 1956 kam ich illegal über die Grenze, wohl wissend, dass ein Jahr früher der österreichische Staatsvertrag abgeschlossen worden war. Ohne diese Voraussetzung hätte man allenfalls aus der einen Sowjet-Zone in die nächste Sowjet-Zone "flüchten" können. Nach meiner Flucht bekam ich durch Bernhard Paumgartner ein Rockefeller Stipendium für seine Opernregieklasse zur Ermöglichung eines post.-grad. Studiums. Im April 1959 war ich bereits beim Norddeutschen Rundfunk, Television, Musikabteilung, dann in freier Mitarbeit bei allen deutschen Rundfunkanstalten, bis auf Berlin, tätig.

Das Schreiben war gleich nach der Flucht meine Maßnahme, die mangelhafte Beherrschung der deutschen Sprache zu überwinden. Hierbei half mir die s.g. Salzburger Dramatische Werkstatt. Mein erstes Hörspiel kam 1961 beim ORF-Graz heraus, mit dem bezeichnenden Titel "Ein Missverständnis". Mein Bühnendebüt im Schauspielhaus Frankfurt am Main im Rahmen eines Surrealisten-Projektes neben Autoren wie: Artaud, Beckett, Benn, Fo, Laing etc. im November 1979, "Ghiccho und seine Kinder", ein modernes Märchen gegen die bedrohlich wachsende Bevölkerungszahl der Erde.

Mein harmlos scheinendes Zwei-Personen-Stück "Blasius", komische Tragödie für Mutter und Sohn, uraufgeführt beim Steirischen Herbst 1984, wurde von der Studio-Bühne Villach übernommen und von dortaus in 8 Städte der damaligen DDR eingeladen und dann mit dem Hinweis ausgeladen, dass das eine versteckte Satire auf den Staat und seine Untertanen sei: Mama als Staat dreht den Sohn, das Volk, durch den Fleischwolf. Das war bisher das schönste Kompliment, das ich auf eines meiner Stücke bekommen konnte.

 

 

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